Keine Lust auf den Kapitalmarkt
Immo-Unternehmen finanzieren lieber anders
von Charles Steiner
Während in den USA Immobilienfinanzierungen gang und gäbe sind, haben Entwickler in Österreich auf diese Form der Geldbeschaffung wenig Lust, da sie einerseits mit hohen Kosten und andererseits mit hohem administrativem Aufwand verbunden sind. Einer Analyse des Unternehmensberaters Advicum zufolge sei die klassische Kapitalmarktfinanzierung allenfalls bei großen Transaktionen attraktiv. Viel lieber setzen vor allem mittelständische Developer auf andere Finanzierungsformen wie etwa Mezzanine-Finanzierung, Forward Deals oder eigenen Fondsstrukturen.
Laut Advicum würden Statistken zeigen, dass sich Mittelstandsanleihen für Developer allenfalls als Add-On eignen würden, nicht jedoch als Hauptpfeiler der Finanzierung. Während große Entwickler sich aufgrund eines entsprechenden Track Records und einer gewissen Reputation Fremdkapital zu sehr niedrigen Zinsen organisieren könnten, müssten sich kleinere Developer bei Transaktionen unter 100 Millionen Euro mit horrenden Kosten für die Transaktion sowie einem höheren finanziellen und operativen Aufwand für ein Being Public herumschlagen. Das erhöhe den Erfolgsdruck, das Ausfallsrisiko für Investoren steige. Martin Keitel, Financial Advisor bei Advicum: “Grundsätzlich streben Projektentwickler nach Kapital, und das Umfeld ist nach wie vor günstig, Immobilien sind angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik gefragt, und aus demselben Grund ist Fremdkapital verhältnismäßig leicht verfügbar. Dennoch haben Ausfälle von Marktanleihen im Umfeld von Projektentwicklern - wie im heurigen Jahr die Wienwert-Pleite - gezeigt, dass die Finanzierung von Projektentwicklern nicht mit den Vorstellungen von Anleihegläubigern vereinbar ist."
Projektmezzanine hingegen könne als Eigenkapital zur Überbrückung der Projektfinanzierung bilanziert werden, bei Forward Deals würde der Investor frühzeitig in ein Projekt mit Kapital einsteigen, worauf eine günstige Fremdfinanzierung möglich ist und für ein Bestandsportfolio können etwa Fondsstrukturen eine größere Anzahl an Investoren angesprochen werden.
600 Millionen Euro für Siemensstadt 2.0
Siemens mit Megaprojekt
von Stefan Posch
Seit längere Zeit wird spekuliert, wo Siemens seinen neuen Innvoationscampus errichten wird. Heute Vormittag wurde die Entscheidung verkündet. Auf dem historischen Siemens-Gelände in Berlin Spandau wird die „Siemensstadt 2.0“ errichtet werden. In den kommenden Jahren sollen bis zu 600 Millionen Euro in die neue Arbeits- und Lebenswelt investiert werden. Es handelt sich um einer der größten Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte von Siemens. 1897 erwarb Siemens mehr als 200 Hektar Baugrund. Diese Flächen entwickeln die Siemens-Architekten Karl Janisch und Hans Hertlein nach und nach zu einem modernen Industriecampus. Das Areal erhielt zu Jahresbeginn 1914 den offiziellen Namen „Siemensstadt“.
Das Projekt „Siemensstadt 2.0“ erstreckt sich über eine Fläche von 70 Hektar und hat zum Ziel, das großflächige Industrieareal in „einen modernen und von vielfältiger Nutzung geprägten urbanen Stadtteil der Zukunft zu wandeln“, wie der Konzern mitteilt. Im Einzelnen sollen iAnwendungsfelder wie dezentrale Energiesysteme und Energiemanagement, Elektromobilität, Industrie 4.0, Machine Learning, vernetzte Assets, Internet der Dinge (IoT), Künstliche Intelligenz, Data Analytics, Blockchain sowie Additive Manufacturing angesiedelt werden.
In Abstimmung mit dem Berliner Senat wird Siemens einen städtebaulichen Wettbewerb durchführen, der Grundlage für die weitere Entwicklung des Projekts sein wird. „Das Gründungskonzept der Siemensstadt 1897 bestand darin, Arbeiten, Forschung und Wohnen zu vereinen und damit eine intakte Symbiose für eine erfolgreiche Zukunft zu schaffen. Auch heute müssen wir die Zukunft der Arbeit neu denken“, erklärt Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG. Megatrends, wie die industrielle Digitalisierung und die Urbanisierung würden fundamentale Veränderungen mit sich bringen. „Arbeiten, Leben und Wohnen werden integrierter und mit der zunehmenden Vernetzung von Menschen und Dingen entstehen neue Ökosysteme. Siemens ist Weltmarktführer und Vordenker in der Automatisierung und der industriellen Digitalisierung. Genau darum geht es uns in der Siemensstadt 2.0 ─ wir wollen Industrie 4.0 auch im sozioökonomischen Umfeld führend gestalten“, so Kaeser. Dazu gehöre ein vernetztes Ökosystem mit flexiblen Arbeitsbedingungen, gesellschaftlicher Integration und bezahlbarem Wohnraum.