Europa-Invests gehen durch die Decke
Mit 289 Milliarden Euro neuer Rekord
von Charles Steiner
Trotz des vollzogenen Brexits und trotz globaler Unsicherheiten: Europäische Immobilieninvestments erweisen sich so stark wie nie. Mit rund 289 Milliarden Euro ist im Vorjahr eine neue Rekordmarke aufgestellt worden, so der European Office Market 2020 von BNP Paribas Real Estate. Insofern bemerkenswert, als dass erwartungsgemäß Großbritannien mit minus 18 Prozent eingebrochen ist und auch die Niederlande mit einem Rückgang um fast ein Drittel massiv Federn lassen musste. Denn diese Einbrüche konnten im Gegenzug mit Rekordergebnissen in den Hauptmärkten Deutschland und Frankreich mehr als kompensiert werden, zudem hatten Schweden, Italien eine starke Performance abgeliefert. Die Investments in Irland haben sich sogar fast verdoppelt. Und auch in Österreich konnte mit 5,9 Milliarden Euro ein neues Alltime-High erreicht werden (immoflash berichtete). In Deutschland sind 73 Milliarden Euro in Immobilien investiert worden, allein in Berlin und München sind, so BNP Paribas Real Estate, jeweils zehn Milliarden Euro geflossen. Bevorzugte Assetklasse waren einmal mehr Büroimmobilien, die fast die Hälfte des Gesamtinvestmentvolumens eingenommen hatten.
Während die Investments in Europa nur so gesprudelt sind, musste beim Büroflächenumsatz in den wichtigsten europäischen Märkten leicht nach unten korrigiert werden. Dort verzeichnete man einen Flächenumsatz von etwa 9,6 Millionen m², vier Prozent unter dem Wert von 2018. Obwohl nämlich in Städten wie Berlin, Brüssel, Madrid und Mailand die Bürovermietungen Spitzenwerte erreicht hatten, erlebten andere Märkte eine deutliche Abkühlung. Das liege allerdings, so BNP Paribas Real Estate, weniger an der Nachfrage als vielmehr an einer Produktknappheit. Der durchschnittliche Leerstand liege bei 5,2 Prozent, wobei in Berlin mit 1,5 und München mit 2,4 nahezu eine Vollvermietung herrscht. Für das heurige Jahr geht BNP Paribas von einem positiven Geschäftsklima aus. Vor 2022 rechnet man nämlich nicht mit einem Anstieg der Leitzinssätze. Richard Malle, Global Head of Research bei BNP Paribas Real Estate: „In den nächsten drei Jahren erwarten wir aufgrund fälliger Staatsanleihen und der anhaltend expansiven Geldpolitik einen hohen Kapitalzufluss in Europa.“
Bis zu 45 Euro/m² Spitzenmiete
Teure Berliner Büros
von Franz Artner aus Berlin
„Die Digitalisierung hat Berlin aus der Misere gebracht“, meint Ben Barthel, der bei BNP Baribas in Berlin für die Vermietung verantwortlich ist. Er erinnert sich noch gut, als Zalando 2007 nach 300 m² Büro suchte. Heute beschäftigt der Online-Versand rund 5.000 Mitarbeiter in der Hauptstadt.
Später folgten DAX-Unternehmen mit einzelnen Sparten um von der Dynamik Berlins zu profitieren. Und mittlerweile sucht auch der deutsche Mittelstand den Standort um sich für die neuen Technologien und Strategien zu rüsten. Der Ruf als die Startup-Stadt hat auch internationale Konzerne wachgerüttelt, das war vor fünf Jahre nicht der Fall, so Andreas Völker, Head of Investment Consulting bei BNP Paribas Real Estate. All das macht sich in der Vermietungsleistung bemerkbar. 2019 wurden rund 1 Million m² Büros vermietet, zwei Drittel davon gingen an expandierende Firmen. Der moderne Leerstand beträgt gerade einmal 98.000 m² oder 1,7 Prozent. Berlin hat insgesamt die geringste Leerstandsrate aller deutschen Städte. Das wiederum wirkt auf die Preise, die sich in Bestlagen inzwischen in lichte Höhen bis zu 45 Euro bewegen. Das gilt auch für Grundstücke, die in ausgewählten Lagen um mehrere hundert Prozent zugelegt hätten, wie Völker weiß. Weiters verändert sich auch das Denken der Nachfrager. Sie wollen ihren Mitarbeitern kurze Wege ins Büro bescheren, weshalb Büros auch zunehmend in die Nähe von reinen Wohngebieten gebaut werden. Und Randlagen werden attraktiv, etwa an der Spree entlang des Ostbahnhofs oder am Hauptbahnhof, wo der Cube steht. Eine Schatttenseite des Booms sind die hohen Baupreise. Die führen inzwischen dazu, dass die öffentliche Hand bei ihren Bauten kaum mehr Angebote erhalte, weil die Baufirmen lieber für private bauen, die keine so komplexen Verfahren für ihre Projekte pflegen.