Gleichstellung bei den Bauträgern gefordert
Gemeinnützige können Nachfrage alleine nicht decken
von Stefan Posch
„Mit rund drei Fünftel der gesamten Wohnbauleistung in Österreich wird der überwiegende Teil von gewerblichen Bauträgern erbracht. Sie leisten damit den größten Beitrag zur ausreichenden Wohnversorgung und übernehmen sogar staatliche Aufgaben“, argumentiert Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKÖ. Die Branche habe allerdings mit erschwerten Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen zu kämpfen.
Derzeit sei es so, dass nicht nur der Großteil der Bauleistung, sondern auch der Großteil der Verantwortung bei den gewerblichen Bauträgern liege. Aktuell könne die Wohnversorgung in Österreich nur durch eine gemeinsame Anstrengung der gemeinnützigen mit den gewerblichen Bauträgern gesichert werden. „Eigentum ist Vorsorge. Betrachtet man Europa, so leben rund 80 Prozent der Menschen in Eigentumswohnungen. Nur in der D/A/CH-Region wird diese Quote nicht erreicht“, so Johannes Wild, Obmann-Stellvertreter des Fachverbandes. „Das Problem ist, dass es bei den Gemeinnützigen schon große Einstiegshürden gibt, beispielsweise einen hohen Eigenmittelanteil. Die Wohnprojekte der gewerblichen Bauträger werden bereits zu 50 Prozent von Menschen mit geringem Einkommen genutzt. Diese Nachfrage sollte aber auf Wunsch der Politik nach ‚Wohnen für alle‘ eigentlich von den gemeinnützigen Bauträgern abgedeckt werden", so Wild.
Bis auf das Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich erbringen die gewerblichen Bauträger beinahe in allen Bundesländern den Großteil des Wohnbauvolumens. „Und ganz besonders in Wien: Hier gehen 73 Prozent der Wohnbauten, also fast drei Viertel des gesamten Bauvolumens, auf das Konto gewerblicher Bauträger“, weiß Michael Pisecky, Obmann-Stellvertreter des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder.
„Die gemeinnützigen Bauträger allein können diese Nachfrage nicht decken“, so Wild. Auch dem Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen (kurz GBV) sei klar, dass der Bau für eine ausreichende Wohnraumversorgung durch beide Bauträger dringend notwendig ist. „Wir können den kommenden Herausforderungen der Wohnungsknappheit nur gemeinsam begegnen.“ Zusätzlicher Handlungsbedarf besteht aufgrund der sinkenden Zahl der Neubau-Fertigstellungen in den kommenden Jahren: Sowohl der Geschosswohnungsbau als auch der Eigenheimbau drohen zum Erliegen zu kommen. Michael Pisecky: „Das derzeitige Wohnungsangebot kann sehr schnell wieder in einen Mangel kippen, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird.“
Aufgrund von steuerrechtlichen Bestimmungen und Flächenwidmungsvorschriften haben derzeit gemeinnützige als auch gewerbliche Bauträger mit erschwerten Rahmenbedingungen zu kämpfen. „Die Gewerblichen sowie die Privaten sind aber von den gestiegenen Baukosten, den inflationsbedingt laufend steigenden Faktorkosten, den erhöhten Grundstückspreisen und den erschwerten Kreditvergabekriterien härter betroffen als die Gemeinnützigen“, schildert Gerald Gollenz. Die Finanzierung von Wohnbauprojekten erfolgt bei gemeinnützigen Bauträgern neben der Wohnbauförderung durch Darlehen der Wohnbaubanken, die steuerbegünstigte Wohnbauanleihen begeben. „Damit bringen sie das notwendige Kapital für Bauprojekte zu wesentlich günstigeren Konditionen auf als gewerbliche Bauträger oder private Bauherren“, beschreibt Michael Pisecky das Ungleichgewicht der Finanzierung.
Gleiches gelte für die Aufbringung der notwendigen Mittel für die Sanierung und Dekarbonisierung des Gebäudebestandes. „Eine Begünstigung der gemeinnützigen Bauvereinigungen durch eine zweckgebundene Wohnbaumilliarde, -fördermittel oder eine Zweckwidmung der Wohnbauförderungsbeiträge würde die Wettbewerbsverzerrung in den Bauträgersegmenten weiter verschärfen“, geben Gollenz, Pisecky und Wild zu bedenken.
Um leistbares Wohnen umzusetzen, müsse an mehreren Stellschrauben gedreht werden. Einerseits zu Gunsten der Wohnungsnutzer:innen, andererseits der Bauträger. So seien für Letztere Wohnbeihilfen aus öffentlichen Mitteln ein geeignetes Instrument, das jenen zukommen sollte, die es wirklich benötigen.
„Auch für die gewerblichen Bauträger braucht es dringend Maßnahmen zur Verbesserung der Situation“, erklärt Johannes Wild: „Dazu zählen raschere Genehmigungsverfahren, günstigere Finanzierungen und die Aussetzung von Auflagen bei der Immobilienfinanzierung - Stichwort KIM-Verordnung - sowie die Schaffung von Wohnraum in den Städten durch Nachverdichtung.“ Michael Pisecky ergänzt: „Auch die Sanierungsoffensive muss gestartet werden. Konzepte und notwendige Maßnahmen liegen vor.“
Erfreulich ist, dass die Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter bei ihrer Präsentation gestern, Dienstag, die Verlängerung der Abschreibungsfrist nach der sogenannten Liebhabereiverordnung als geplante Konjunkturmaßnahme im kommenden Budget dezidiert genannt haben. Der WKÖ-Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder hatte sich dafür ebenso eingesetzt wie für die Bereitstellung von Mitteln für die Dekarbonisierung. Das bedeutet aus Sicht der Vertreter der rot-weiß-roten Immobilienwirtschaft einen ersten Schritt zur sinnvollen Unterstützung für leistbaren Wohnraum.